Rezekne

Fährt man nach Rezekne, mag man kaum glauben, dass sie bereits auf eine tausendjährige Geschichte zurückblicken kann und eine der ältesten Städte in Lettland ist. Plattenbauten und wuchtige, schmucklose Backsteinhäuser mit Mietwohnungen prägen den ersten Eindruck von Rezekne. Keine Spur vom sonst so häufig anzutreffenden prunkvollen lettischen Baustil. Da fragt man sich, wie konnte das passieren?

Im 9. Jahrhundert siedelten hier livische Stämme und gründeten die Stadt. 1275 erschienen deutsche Ordensritter auf der Bildfläche und eroberten Rezekne, danach kämpften Russen, Schweden und Polen um die strategisch günstig gelegene Stadt. Der Grund: Rezekne liegt am Treffpunkt zweier bedeutender historischer Handelswege. Hier kreuzen sich die Straßen von Moskau nach Ventspils und die von Warschau nach Sankt Petersburg. Noch heute sind diese Wege unverändert aktiv, es sind die Autobahnen A13 und A12.

Alle Eroberungen und Machtwechsel überstand Rezekne mehr oder weniger unbeschadet. Doch am Ende der Zweiten Weltkrieges lag es das erste Mal vollständig in Trümmern. Und der Wiederaufbau durch die Sowjets sorgte dann für den unnachahmlich hässlichen Baustil, der leider bis heute das Stadtbild dominiert. Dazu kommen die wenig attraktiven Industrieanlagen, die teilweise mitten in die Stadt gebaut wurden.

Es gibt aber auch schöne Stadtteile! So befindet sich genau in der Stadtmitte ein malerisch bewachsener, 15 Meter hoher Hügel, auf dem die Überreste der Ordensburg zu besichtigen sind, welche von den Stadtgründern vor tausend Jahren errichtet wurde. Legenden erzählen davon, dass die Ordensritter diese Festung zum Schutz gegen kriegerische Überfälle aus dem Osten erbauten. Der Ort besitzt eine ganz eigene Schönheit und bietet einen perfekten Ausblick über die ganze Stadt.

An der Hauptstraße liegt das Museum für Kulturgeschichte. Hier kann man sich, wie in fast allen lettischen Städten, ausführlich über die Wurzeln der Stadt informieren. Die Exponate und Texte umfassen die Zeit Lettgallens vom frühen Mittelalter über die zahlreichen Machtwechsel bis hinein in die Neuzeit.

Ein ganz anderes, imposantes Symbol für die wechselvolle Geschichte der Stadt findet man, wenn man die Hauptstraße bis zum Ende fährt. Sie mündet in einen Platz, auf dem die „Latgales Mara“, das Befreiungsdenkmal steht.

Dieses Denkmal hat eine lange Odyssee hinter sich: 1939 wurde er das erste Mal aufgestellt, 1940 durch die Sowjets entfernt und teilweise beschädigt. Unter deutscher Besatzung wurde es 1941 erneut eingeweiht, 1950 durch die Russen erneut entfernt und aus Propagandagründen vorübergehend für verschollen erklärt. Erst als das Land 1992 für unabhängig erklärt wurde, bekam das Denkmal seinen festen Platz an diesem Ort, wo man es heute bewundern kann.

Rezekne ist eine ideale Basis für Tagestouren zum rund 18 Kilometer südlich gelegenen Raznas-See und den umgebenden Naturpark. Hier gibt es wunderschöne Natur pur, die man am besten mit einem Boot erkundet. Auch bieten weitläufige Campingplätze für Zelte und Wohnmobile wahre Oasen für Ruhesuchende. Wer sich für ein paar Tage aus dem Trubel der Großstädte ausklinken möchte, ist hier genau richtig.

Hotels in Rezekne für Touristen gibt es kaum, dafür preiswerte Fremdenzimmer in Privathäusern. Am bekanntesten ist das Kolonna-Hotel. Der mächtige weiße Prachtbau liegt im Stadtzentrum am Ufer des Rezekne-Stroms. Erbaut wurde das Haus 1939, und obwohl es im Krieg schwer beschädigt wurde, entkam es den „Aufbaumaßnahmen“ der Sowjets und erhielt seine ursprüngliche schlichte Schönheit zurück. Heute beherbergt es Seminarräume, Hotelzimmer, ein Restaurant, eine Bar und einige gut ausgestattete Suiten.

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