Das kulturelle Leben
Die Übernahme des christlichen Glaubens in Litauen war auch der Anfang der Bildungsgeschichte in Litauen. Die erste Schule wurde in der Kathedrale von Vilnius 1387 gegründet und die zweite – 1409 in Trakai. In Varniai, dem Sitz der Bischöfe Niederlitauens, wurden die Rechte für die erste Schule 1469 verliehen. Die erste protestantische Schule in Vilnius wurde von Abraham Kulvietis (auch Abraham Culvensis) 1539 gegründet. Viele litauische Studenten genossen ihre Bildung an der durch den Großfürsten von Litauen und König von Polen Jogaila wiedereröffneten Universität von Krakau, dessen Rektor 1427 Stanislaus aus Vilnius (…) wurde. Solche Studien waren wichtig, um den örtlichen Verwaltungsapparat des Großfürstentums aufrecht zu erhalten, da man sich bemühte, für die Posten der Beamten, der Schreiber und der Berater nicht Polen, sondern Litauer einzustellen.
1579 gründeten die Jesuiten die Akademie, die die Ausbildung der litauischen Jugend auf der Grundlage des katholischen Glaubens und katholischer Werte übernahm. Sie war die Stütze der Gegenreformation, für ihre Stärkung wurden Lehrer aus ganz Europa versammelt. Im 15. Jh. gab es einen religiösen Streit zwischen Franziskanern und Orthodoxen, später zwischen Katholiken, Orthodoxen, Unierten (entstanden nach der Kirchenunion der katholischen Ostkirchen von Brest 1569) und den Protestanten unterschiedlicher Art. An diesen Diskussionen nahm der karäische Theologe Izaak ben Abraham von Trakai teil, der in seinem Werk Munimen Fidei alle Christen kritisierte. Er kannte theologische Dispute der Arionen und Kalvinisten, benutzte die aktuellsten im Großfürstentum Litauen erschienenen polnischen Übersetzungen der Bibel. Sein Buch hatte noch lange nach seinem Tod einen großen Einfluss auf die Entwicklung des Religionsgedankens in ganz Europa.
Im 15. Jh. entwickelte sich im Großfürstentum Litauen eine eigene Kultur, im offiziellen Schriftverkehr wurde der Westdialekt der Ostslawen benutzt. Chroniken und propagandistische Schriften der herrschenden Dynastie wurden in Litauen seit 1390 geführt. Diese Arbeiten bewirkten ein starkes nationales Zusammengehörigkeitsgefühl (im politischen und nicht im engen ethnischen Sinn). Beim Adel verbreiteten sich allmählich Polnisch und Latein, obwohl in der rituellen und religiösen Literatur auch Litauisch gebraucht wurde.
Das erste gedruckte Buch (in slawischer Sprache) wurde von Francisk Skaryna in Vilnius im Jahr 1522 herausgegeben, dagegen das erste litauische Buch – ein lutherischer Katechismus – in der Fremde: 1547 in Königsberg (lit. Karaliaučius). Die religiösen Bücher der Katholiken erschienen in Litauen seit Ende des 16. Jh. In Vilnius wurde die apologetisch-katholische Literatur verlegt, die für Missionen im lutherischen Livland bestimmt war. Protestantische Druckereien wurden an Adelshöfen gegründet, wie z.B. bei Radziwill (lit. Radvilos).
Das Litauische Recht ist in drei Statuten von 1529, 1566, 1588 kodifiziert. Es galt bis 1844, als es der russische Zar Nikolaj I. außer Kraft setzte. Das Recht der Statuten galt unabhängig von den Bestimmungen der Lubliner Union. Diese Union war der Anfang für die Republik zweier Nationen (Litauen und Polen) mit gemeinsamem Rechtssystem anstelle der alten Dynastieunion der Jagiellonen.
Ungeachtet der Übergriffe von außen und der Kriege im 17. Jh., insbesondere der schwedischen und russischen Okkupation Mitte dieses Jahrhunderts, gedieh die litauische Kultur in der literarischen Form des belle lettre (erwähnenswert die Dichtung von M. Sarbiewsky) auf Latein und Polnisch und in Form der majestätischen Barockkunst und -architektur. Die Gutshöfe exportierten weiter Getreide nach Westeuropa und ein dichtes Handelsnetz verflocht Litauen mit Altpreußen, Niederlitauen (Žemaitija) und Livland über die Grenzen des Großfürstentums hinaus.
Nachdem in Litauen der Jesuitenorden aufgelöst wurde, übernahm eine nationale Bildungskommission die Funktion der Akademie (1773–1803). Die Universität wurde reformiert zu einer Allgemeinen Hochschule – Naturwissenschaften, Medizin und Recht kamen als Fächer hinzu. Die Kommission gab jährlich 600.000–700.000 Goldstücke aus, zwei Drittel der Summe bekamen die Schulen.
Den politischen Streit zwischen Polen und Litauen im 18. Jh. nutzten die autokratischen Nachbarstaaten für ihre eigenen Ziele. Sie teilten das Land insgesamt dreimal unter sich auf: 1775, 1793 und 1795. Obwohl der stärkste Reformversuch des Staates, die Verfassung vom 3. Mai 1791, in Litauen positiv aufgenommen wurde, war es doch zu spät für die Rettung des politischen Systems der Republik vor den raubgierigen Dynastien in Russland, Österreich und Preußen. Ungeachtet des Versuchs, den Aufstand von Tadeusz Koúciuszka 1794 zu unterstützen, war die Oppositionsbewegung erfolglos, und 1795 wurde das Großfürstentum Litauen durch Preußen und Russland schließlich geteilt. Das Großfürstentum Litauen und seine multiethnische kulturelle und politische Gesellschaft, in der sich das Litauischsein mehr durch ein bestimmtes politisches Selbstverständnis als durch die ethnische Zugehörigkeit ausdrückte, wird in dieser Form nie wieder vorhanden sein, doch an seine Stelle traten neu geborene Völker, die sich ungeachtet des Druckes des russischen Imperiums entwickelten.
Varniai
Die kleine Stadt Varniai im Bezirk von Telsiai liegt in Niederlitauen (ethnische Region Žemaitija) im Nordwesten von Litauen. Varniai hat drei herausragende Sehenswürdigkeiten und Attraktionen zu bieten:
1. Die Kathedrale St. Peter und St. Paul, die der Bischof der Žemaiten, Kazimieras Pacas gestiftet hatte. Bischof Pacas war ein Vertreter einer der berühmtesten Adelsdinastie vom Großfürstentum Litauen, die während der zweiten Hälfte des XVII. Jhr.s. gelebt hat. Die Kathedrale ist ein Beispiel aus der goldenen Barockzeit der Architektur in Litauen. Das innere der St. Peter und St. Paul Kathedrale ist reich an Kunstschätzen bestehend aus: 12 Altaren, einer Galerie mit Portraits der Bischöfe von Niederlitauen und einer einzigartigen Orgel aus dem XIX. Jahrhundert. In der Kathedrale finden 10 Niederlitauische Bischöfe ihre letzte Ruhe.
2. Das 1999 gegründete Museum der samogitschen Diözese (des Bistums) in der S. Daukanto 6 in Varniai. Es befindet sich im Gebäude des ehemaligen Samogitischen Priesterseminars, welches um 1770 entstand. Nachdem die russische Verwaltung im 19. Jahrhundert die Universität von Vilnius geschlossen hatte, waren das Pristerseminar und die Medizinische Fakultät in Vilnius die einzigen Hochschulen in Litauen.
3. Der Regionalpark Varniai erinnert an die Kämpfe gegen Kreuzritter und Schwertritter durch seine sehenswerten Burghügel (Šatrijas, – Girgždutė, – Moteraitis, – Sprūde, – Vembutai) und ist bekannt durch den größten natürlichen See „Lūkstas“ von Niederlitauen, dem einzigen See in Litauen, wo man Bernstein finden kann.
Der Regionalpark Varniai ist reich an sakralischen Architekturdenkmälern, einzigartige Denkmäler aus hölzerner Architektur. Ein unbeschreibliches Erlebnis ist der „Sietuvos“ Weg, der unter dem Wasser führt, der botanische Weg „Debesnos“ und der Erkundungsweg zur Vogelbeobachtung „Spiginas Horn“. Im archeologischen Naturschutzgebiet, zum dem auch der Biržulis See gehört, wurden Spuren von 50 Siedlungen und alten Friedhöfen u.a. aus der Steinzeit gefunden.
Skuodas
Skuodas mit Stadtpark. (c) UAB ANTILE |
Skuodas in der Region Niederlitauen liegt an der lettischen Grenze im Bezirk Klaipeda. Skuodas wurde erstmals urkundlich 1253 erwähnt. Durch den Einsatz von Jonas Chodkevičius erhielt Skuodas im Jahr 1572 die Stadtrechte. Im Museum in der Sauliu g. 3 sind historische, numismatische und archäologische Exponate sowie verschiedene zeitgenössische Sammlungen aus Skuodas und der Region Niederlitauen ausgestellt. Besonders sehenswert ist der 35 ha große Stadtpark mit dem künstlich angelegten Teich und der Fontaine. Am Eingang steht ein Denkmal zum Gedenken an die Leiden der Nachkriegszeit.
Rathaus von Skuodas. (c) UAB ANTILE |
In Schoden / Skuodas lebten in den 1920er Jahren zahlreiche deutsche Handwerkerfamilien, in der näheren Umgebung deutsche Gutsbesitzer, Bauern und ländliche Gewerbetreibende.
In der Umgebung von Skuodas:
Besuchen sie auf der 170 (in Richtung Mazeikiai) den Landgasthof Gintagne und das Landwirtschaftsmuseum, welche sich beide in Aleksandrija befinden. Angel-Freunde kommen im „Inavidanskio Parkas“ (Privatbesitz) voll auf ihre Kosten. Ein absolutes Tourismus-Highlight ist die Besichtigung des „Steinstädtchens“ Mosedis mit dem Gut von Vaclovas Intas (1927-2007), der in 50jähriger Arbeit die Summe von über 150.000 Steinen (kein Schreibfehler) zusammengetragen hat. Viele sind auf seinem Areal in einer Art Steinmuseum zu besichtigen.
Telsiai
Telsiai ist die Hauptstadt der ethnischen Region Zemaitija, sie ist die Kreis – und Bistumsstadt, das Kultur – und Bildungszentrum der Region. Die Stadt, die auf sieben Hügeln liegt, befindet sich am schönen „Mastis“ See.
Mastis See Telsiai (c) UAB ANTILE
Für das Projekt Litauen.info wurden die nachfolgenden Informationen über Telsiai vom Tourismusinformationszentrum des Landkreises Telsiai, Turgaus a.21 / Sinagogos Str. 2A, LT- 87122 Telsiai, zur Verfügung gestellt.
Telsiai ist besonders auf seine Innenstadt stolz, denn diese steht in der Liste der Schutzdenkmäler von Litauen. Zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Telsiai zählen: die zweistöckige Kathedrale von St. Antonius von Paduva, mit zwei Hauptaltaren in jedem Stockwerk, die einzige, im Kubismusstil erbaute orthodoxische Kirche St. Nikolaus in Litauen und das žemaitisches Museum „Alka“.
Erstmals urkundlich wurde Telsiai im Jahre 1450 erwähnt. 1791 verlieh der König Stanislovas Augustas der Gemeinde Telsiai die Magdeburger Stadtrechte und das Stadtwappen. Heutzutage umfasst die Stadtfläche 1637 ha. Die Einwohnerzahl beträgt ca. 30 000. In der Stadt lebten Schriftsteller und Dichter Vydūnas, I.Simonaityte, Butkų Juze, V.Macernis, P.Genys, E.Cinzas.
Weitere sehenswerte Museen in Telsiai:
– Das Zemetaische Dorf Museum in Telsiai mit Ausstellungen von Bauernhöfen und Speichern, mit Besichtigungen von Windmühle, Schmiede, Dreschraum und deren Innenausstattungen.
– Das Japanisch-Chinesische Hofmuseum in Telsiai, welches der Künstler und Juwelier A.Jonušas gegründet und eingerichtet hat. Besichtigen sie das Modell vom Horiudzi Tempel Pagoda, dem ältesten Tempel der Welt, die Kopie der Okame Maske vom No Thetaer, oder das japanische Zimmer und machen sich mit der Kunstbearbeitung vom Bernstein vertraut.
Der Bezirk Telsiai erstreckt sich im Nordwesten von Litauen auf der Hochebene des mitteleren Niederlitauens. Der Bezirk ist nicht nur durch seine Natur, sondern auch durch seine Geschichte, Kultur, Architektur – und den Kulturdenkmäler berühmt. Hier begegnen Sie den zahlreichen Burgbergen, alten Grabstätten, mythologischen und sakralen Steinen, Naturobjekten.
Auf dem Territorium vom Regionalpark Varniai können Sie die erhabensten Burgberge von Niederlitauen bewundern, die an die Kämpfe gegen Kreuzritter und Schwertritter erinnern (Šatrijas, – Girgzdute, – Moteraitis, – Sprūde, – Vembutai- und andere Burgberge), sowohl den größten natürlichen See „Lūkstas“ von Niederlitauen, dem einzigen See in Litauen, wo man Bernstein finden kann.