Die aktuelle Wirtschaftslage in Litauen, rien ne vas plus, nichts geht mehr?!

Die „fetten Jahre“ sind vorbei, die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise macht auch vor Litauen nicht halt. Verschiedene Wirtschaftsprognosen rechnen für 2009 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukt (BIP) von bis zu 5%.

Es wird aber noch schlimmer kommen als ursprünglich angenommen, das ist meine Befürchtung die ich folgendermassen kurz begründen möchte:
Die seit Dezember 2008 neue Mitte-Rechts-Regierung hat praktisch alle Steuern für Konsumenten und Unternehmen deutlich nach oben geschraubt, um die aufgrund der drohenden Rezession befürchteten Mindereinnahmen abzufedern. Dazu zählen unter anderem Anhebungen für Mehrwert- und Körperschaftsteuer und verschiedene Verbrauchssteuersätze. Die Liste ist lang, sehr lang…! Des Weiteren plant die Regierung die beschleunigte Privatisierung bisher noch vom Staat gehaltener Beteiligungen.

Natürlich gehen nun gerade jetzt, nach diesen unsäglich vielen Steuererhöhungen, weder vom privaten Konsum der Bevölkerung, noch von den Investitionen der Unternehmen aktuelle Impulse für die litauische Wirtschaft aus. Auch das Wegbrechen der Auslandsnachfrage aufgrund der weltweiten Finanzkrise trifft Litauen als Exportnation sehr hart. Die volle Wucht der Weltwirtschaftskrise wird Litauen aber erst Ende des zweiten oder Anfang des dritten Quartals 2009 erreichen.

Zahle zwei, nimm drei:
Das gilt nicht nur für Joghurts beim Supermarkt um die Ecke, sondern auch beim Autokauf! Die Autohändler stehen mit dem Rücken zur Wand, rien ne vas plus (nichts geht mehr). Auch der Aufruf der grössten Supermarktketten des Landes „zum Kauf von litauischen Produkten“ wird ohne jegliche Auswirkung verpuffen. Als Konsument mit leerem Portemonnaie greife ich natürlich nach dem günstigeren polnischen Importfleisch, auch wenn ich Patriot sein will, ich habe leider nicht mehr Geld zur Verfügung.

Man verkauft doch nicht sein Tafelsilber (Unternehmen mit staatlicher Beteiligung) während der Krise. Die Meldung der AP vom 03.03.2009 passt dazu wie die Faust auf’s Auge: „China will die gegenwärtige weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise offenkundig dazu nutzen, zu günstigen Preisen bei Unternehmen in Europa einzusteigen oder sie ganz zu übernehmen„.
Gerade jetzt muss der Staat diese Unternehmen umstrukturieren und mit neuen zukunftsträchtigen Technologien ausstatten, damit sie beim Wirtschaftsaufschwung wesentlich mehr Geld in die leeren Kassen der öffentlichen Hand spülen. Man verkauft immer nur „wenn es am schönsten ist“.

Der litauische Bausektor, der mit Abstand wichtigste Impulsgeber im litauischen Investitionssektor, wird 2009 derart einbrechen, womit selbst die „kühnsten Pessimisten“ nicht rechnen werden. Viele Neuaufträge werden aufgrund fehlender Kreditzusagen gestrichen oder verschoben. Die Banken vergeben keine Kredite mehr, weder für den privaten Hausbau, den Kauf einer Eigentumswohnung, noch für geplante Investitionen für Unternehmen. Die völlig überteuerten und bis zu 40 Jahren finanzierten Immobilien werden deutlich an Wert verlieren. Auf die Banken kommen hohe Abschreibungen, Wertberichtigungen und notleidende Kredite bei Arbeitsplatzverlust zu.

Die neue Mitte-Rechts-Regierung plant bis Juni 2009 (laut Aussage von Ministerpräsident Andrius Kubilius) ein umfangreiches Massnahmenpaket, um den von mir oben genannten Tatsachen entgegenzuwirken. Viel zu spät, denn diese Massnahmen, falls sie sich positiv auswirken sollten, bringen erst ein halbes Jahr später erste Impulse für die litauische Wirtschaft.

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